Betrachtung zum Osterkreuz
Erhaben und hell erscheint das Kreuz
im Altarraum der Kirche.
Unübersehbar
und doch nicht dominierend,
einladend und wie mit ausgebreiteten Armen
begrüßt es den Betrachter.
Schlicht und einfach
in seinem ungehobelten Pappelholz,
zugleich feierlich
mit seinem besonderen Glanz
durch die Messingelemente,
eingelassen in das raue Holz.
Lebensgroß - dieses Kreuz,
die Balken horizontal und vertikal.
In ihm kommt zusammen,
was zusammengehört,
Himmel und Erde,
verbunden zum neuen Bund,
dem Bund des Lebens.
Gott und Mensch
finden hier zusammen,
haben hier ihre Mitte.
Es ist das Kreuz Jesu Christi.
Die Wundmale,
die Male der Nägel
und des Speerstoßes an der Seite
erinnern an das Leid des Gekreuzigten.
Die Schatten der im Tod Mitgefangenen,
die Schatten unserer Schuld gehören zu
diesem Kreuz.
Wo Himmel und Erde zusammenkommen
öffnet sich, was sonst verschlossen bliebe.
Gerade durch den Riss, den der Tod Jesu im
Gewebe der Welt hinterlässt
und der sich nicht mehr schließen wird,
gelangt Gottes Licht in unsere Welt.
Durch diesen Riss können wir Gott sehen.
Das Leid kann uns so zum Segen werden.
Wie im Geheimnis des Samenkorns,
das erstirbt, damit neues Leben aufkeimt
und sich entfalten kann.
Jesus, das Samenkorn des Lebens,
gibt sich hin, damit wir das Leben haben.
Er bricht das Brot, teilt mit uns das Leben, stärkt uns, mit ihm aufzu(er)stehen,
mit ihm zu gehen den Weg des Glaubens,
der Hoffnung und der Liebe.
Wir können auch nach Ostern unseren Weg
ohne Gott fortsetzen,
als wäre er nicht in die tiefsten Tiefen
unseres Lebens hineingekommen,
um uns nahe zu sein.
In der Welt hat Gott das Kreuz hinterlassen
und dieses Kreuz bleibt nicht stumm.
Es erhebt Einspruch gegen
Gottes Abwesenheit im Leben der Welt,
im Leben eines jeden von uns.
Es ist ein Riss im Wesen der Welt,
durch den nicht Tod und Nacht hereinschaut,
sondern der Frühlingshauch
von Gottes ewigem Leben
zu uns hereindringt.
Im Blick auf das Osterkreuz vor dem
Hintergrund des auferstandenen Christus
wird dieses Holz zur Brücke der Auferstehung
– wir können ihm folgen auf dieser Lebensspur –
er kommt uns entgegen.
Aus der Dornenkrone wird
die Krone des Lebens,
aus dem Totgesagten
treibt neues Leben hervor.
Die Worte des Auferstandenen
- wie Johannes sie in der Offenbarung
hört - werden für uns lebendig:
Fürchte dich nicht!
Ich bin der Erste und der Letzte
und der Lebendige.
Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig
von Ewigkeit zu Ewigkeit
und habe die Schlüssel des Todes
und der Hölle.
Sei getrost bis in den Tod,
so will ich dir die Krone des Lebens geben.
(Offb. 1,17f+2,10)
G E B E T
Gott, Schöpfer der Welt,
Jesus Christus, Liebhaber und Befreier des Lebens
Heiliger Geist, Kraft des Glaubens,
wo du bist, werden unsere Fragen zu Gebeten,
aus Abschieden kann neues Leben entspringen.
Du zeigst uns im Schmerz der Welt
das Angesicht Jesu Christi, dich selbst.
Durch den Riss, den sein Leben,
Sterben und Auferstehen
im Wesen der Welt hinterlassen hat,
weht uns der Atem deiner neuen Welt an.
Wir bitten dich, komm zu deiner Kirche,
leuchte und brenne in jeder und jedem von uns.
Erleuchte unsere Wege,
damit wir nicht abirren vom Ziel.
Amen.